Der demografische Wandel in Deutschland und der gesamten westlichen Welt betrifft jeden von uns auf unterschiedliche Weise. Auch die Steuerbranche bleibt davon nicht verschont: Mehr Menschen werden in Rente gehen, während weniger junge Menschen nachströmen, um die freien Stellen zu besetzen. Schon jetzt ist es eine Herausforderung.
Steuerkanzleien und andere Arbeitgeber* aus dem Steuerwesen müssen immer öfter aktiv für sich werben und Anreize schaffen, um freie Stellen zu besetzen und eingestellte Arbeitnehmer auch zu halten. Genau deshalb haben wir uns gefragt: Wie zufrieden sind die Angestellten in der Steuerbranche überhaupt? Wie viele von Ihnen wünschen sich einen Jobwechsel? Und auf welchen Wegen erfolgt erfolgreiches Recruiting in der Steuerbranche?
In diesem Artikel führen wir Sie durch den Tax Talents Recruiting Report für das Jahr 2024.
Tax Talents hat in seinem Recruiting Report verschiedene Menschen aus der Steuerbranche zu den Themen Jobzufriedenheit und Jobwechsel befragt. Es handelt sich also um eine Umfrage, die das Ziel verfolgt, Zahlen und Daten zum demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel und der Zufriedenheit der Angestellten im Bereich Steuern und Finanzen zu erheben.
Insgesamt haben dabei ca. 1.000 Menschen aus der Steuerbranche teilgenommen und uns an ihrem Arbeitsalltag teilhaben lassen. Um uns ein umfassendes Bild zu machen, haben wir dazu verschiedene Berufsfelder befragt und auch zu den einzelnen Berufen Daten erhoben. Dabei war uns besonders wichtig herauszufinden, wie hoch die Arbeitsbelastung ist, wie zufrieden die Menschen mit ihrem Arbeitsplatz sind und wie viele von ihnen aktiv oder passiv nach einem neuen Job suchen. Kurz um: Wie steht es um die Arbeitnehmer der Steuerbranche?
Bevor wir mit den Arbeitsbedingungen starten, wollen wir zunächst einmal einen Blick darauf werfen, wen wir eigentlich befragt haben und welche Menschen in der Steuerbranche arbeiten. Unter den 1.000 Teilnehmern lag das Durchschnittsalter bei 40-49 Jahren, etwas mehr als die Hälfte war männlich (54,7%).
Knapp über die Hälfte, nämlich 50,5% sind Angestellte, rund ein Viertel (26,1%) ist selbständig. 92,6% davon arbeiten in einer Steuerkanzlei oder leiten diese. Während 44% eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten gemacht haben, haben über 60% ein abgeschlossenes Studium in BWL.
Hier zeigt sich bereits, auf welchem Stand die Steuerbranche ist: Gerade junge Menschen wählen immer häufiger ein Studium als Berufseinstieg. Gleichzeitig liegt der Altersdurchschnitt bei etwa 45 Jahren, sodass viele Arbeitnehmer in 20 Jahren in Rente gehen werden. Genug Zeit also, noch einmal den Job zu wechseln und für Arbeitgeber genug Zeit, sich um genügend Nachwuchs zu kümmern. Nur wie?
Übrigens: Wir haben diese Menschen auch zu Ihrem Gehalt befragt. Alle Infos finden Sie in unserem Beitrag zum Gehaltsreport 2024.
Einer der wichtigsten Punkte beim Recruiting ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Wer zufrieden ist, der bleibt dem Unternehmen lange erhalten. Das führt nicht nur zur Senkung der Kosten für Bewerbungsverfahren und Einarbeitung, besetzte Stellen senken auch die Arbeitsbelastung für die anderen Angestellten - was auch deren Zufriedenheit fördert.
Genau damit sind die Angestellten und Selbstständigen gleichermaßen unzufrieden. Von den Angestellten sind nur 40,4% zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeitsbelastung in ihrem Job. Bei Selbstständigen und Freiberuflern sind es sogar nur 30%, die zufrieden sind. 41% sind hingegen unzufrieden oder sehr unzufrieden mit dem Workload. Bei den Angestellten sind es immerhin 26,3%, der Rest ist »neutral«.
Zufriedener sind die Angestellten hingegen bei den Weiterbildungsmöglichkeiten, den Aufstiegschancen oder dem Arbeitsklima im Betrieb - immerhin ein guter Anfang.
Der hohe Workload lässt sich vor allem auch durch den Fachkräftemangel begründen, die Vakanzzeit liegt aktuell bei 215 Tagen, eine Verdopplung seit 2011. Wer allerdings keine Arbeitskräfte findet, kann den Workload der bestehenden Angestellten auch nicht reduzieren, ohne erhebliche Einbußen zu erleiden. Doch welche Benefits haben und erwarten potenzielle Bewerber von einer Kanzlei?
Eine wichtige Grundlage sind natürlich ein gutes Gehalt, genügend Urlaubstage, ein angemessenes Arbeitsklima und adäquate Ausstattung, um gut arbeiten zu können. Positiv wahrgenommen wird vor allem Weihnachtsgeld, eine betriebliche Altersvorsorge oder Weiterbildungsmöglichkeiten, die durch den Arbeitgeber gefördert werden.
Nun gut, diese und andere eher typische Maßnahmen ergreifen bereits die meisten Arbeitgeber. Und insbesondere die junge Generation wird durch diese Maßnahmen eher nicht aufhorchen. Hier sollten sie schon mit Homeoffice und/oder flexiblen Arbeitszeiten punkten können. Über 50% der Arbeitgeber bieten diese Benefits bereits jetzt an.
Für die Angestellten sind die wichtigsten Punkte bei einem neuen Arbeitgeber:
Neben den Benefits und Angeboten, die Arbeitgeber von anderen abheben könnten, ist auch das Werben eine echte Herausforderung. Wie schalte ich angemessene Werbung für mich? Sollte ich mich als Arbeitgeber bei potenziellen Angestellten bewerben? Und über welche Kanäle funktioniert das am besten?
Die meisten unserer Umfrageteilnehmer gaben an, am liebsten über das private E-Mail-Konto oder über Karrierenetzwerke wie LinkedIn kontaktiert zu werden. Umgekehrt wollten sie am wenigsten über dienstliche E-Mail-Konten oder Social Media sowie Messenger kontaktiert und angeworben werden. Gleichzeitig gaben fast 60% an, sich lieber selbst zu bewerben, als von Unternehmen angeworben zu werden.
Tipp: Über 66% beklagten, dass viele Anfragen zu standardisiert waren und keinen persönlichen Bezug hatten. Bei knapp 30% waren die Anfragen sogar unpassend für sie und hatten keinen Bezug zu den eigenen Kompetenzen. Wer also Leute anwerben möchte, sollte sich die Mühe machen, etwas Persönliches zu schreiben und zu prüfen, ob die Angeworbenen auch tatsächlich passend ausgewählt sind. Andernfalls könnten sie unseriös wirken.
Die Steuerbranche steht vor großen Herausforderungen: Neben der Digitalisierung und dem zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz spielt auch, oder ganz besonders, der demografische Wandel eine große Rolle. Der Mangel an Fachkräften ist ein Teufelskreis: Wegen zu hoher Arbeitsbelastung wechseln Menschen ihren Job und die Arbeitsbelastung für die übrigen wird noch größer. Dennoch sind immerhin 40% zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Workload. Deutlich schlechter steht es dabei um die Selbstständigen.
Auch wenn viele Angestellte genervt von aufdringlichen oder den vermehrt vorkommenden Abwerbeversuchen zu sein, so sind 87% der Menschen passiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Passiv bedeutet, sie suchen nicht aktiv (das tun nur 13%), würden sich aber bei einem guten Angebot gewillt zeigen, den Arbeitgeber zu wechseln.
Alle Daten und Fakten sind noch einmal ausführlich und auch nach Berufsgruppen gegliedert in unserem Recruiting Report zu finden. Gleichzeitig gibt es viele hilfreiche Beiträge zum Recruiting und der Zukunftsfähigkeit auf unserem Arbeitgeber-Blog.
* Um den Text leicht verständlich und unkompliziert zu halten, haben wir uns für die Nutzung des generischen Maskulinums, also der männlichen Form aller Hauptwörter, entschieden. Wir möchten aber niemanden ausschließen und weisen deshalb darauf hin, dass trotz der männlichen Form alle Geschlechter gemeint sind. Gerade die Branche der Steuerberatung ist sehr männlich dominiert. Wir wünschen uns unbedingt mehr Diversität in diesem Berufsfeld. Daher gilt: all genders are welcome!
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