Steuerberaterin mit 25 - wie ist das?

Heute am Steuer: Erfolgsstories aus der Steuerbranche
Steuerberaterin mit 25 - wie ist das?

Charlotte Wessendorf aus Ahaus im Münsterland ist 26 Jahre alt und bereits seit knapp einem Jahr bestellte Steuerberaterin. Obwohl sie nie einen speziellen Berufswunsch hatte, erarbeitete sie sich diesen Titel nicht nur ziemlich straight, sondern kombinierte ihn auch noch mit dem Master of Taxation. Wie es sich anfühlt, als "toughe Berufsstarterin" in ..

... der Steuerbranche anzukommen, fragten wir die junge Steuerberaterin. 

TaxTalents: Frau StBin, Wessendorf, wieso sind Sie Steuerberaterin geworden?

StBin Charlotte Wessendorf: Ich hatte nie den einen speziellen Berufswunsch; allerdings habe ich schon zu Schulzeiten ein Praktikum bei einer Kanzlei gemacht und mich nach dem Abitur hier in Ahaus bei verschiedenen Praxen beworben – eigentlich für eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Die Kanzlei, in der ich heute noch tätig bin, Wenker, Ostendorf und Partner mbB aus Ahaus, bot mir an, direkt ein duales Studium zu machen, was ich an der Hochschule Osnabrück am Campus in Lingen auch getan habe.

Zwei Jahre nach meinem dualen Bachelorabschluss, durch den ich lediglich eine verkürzte Berufserfahrung von drei Jahren für die Prüfungszulassung nachweisen musste, habe ich den Samstagslehrgang zur Vorbereitung sowie den integrierten Masterstudiengang begonnen. Etwa anderthalb Jahre später, nach dem Samstagslehrgang, einem Intensivkurs und Klausurenwochen, habe ich die Steuerberaterprüfung abgelegt und glücklicherweise direkt im Erstversuch bestanden.

TaxTalents: Wie hat Sie Ihre Kanzlei dabei unterstützt?

StBin Wessendorf: Ich wurde vor der Kanzlei immer gepusht, meine Chefs haben mir immer Mut gemacht. Während der Vorbereitungsphase, in der ich samstags beim Lehrgangswerk war, hatte ich eine Vier-Tage-Woche. Das hat vieles erleichtert. Drei Monate vor der Prüfung bekam ich dann auch eine Freistellung. Generell muss ich sagen, dass mir auch mein Studium für die Vorbereitung sehr geholfen hat, einfach die Kompetenz, mit Literatur umzugehen und sie auswerten zu können.

Das hilft mir auch heute bei der Steuerplanung, weshalb ich froh bin, dass ich trotz der Doppelbelastung noch den Master gemacht und nach der Steuerberaterprüfung die dafür erforderliche Abschlussarbeit geschrieben habe. Denn die Arbeitsweisen, der Umgang mit Literatur, das alles hilft mir bei meinen täglichen Aufgaben.

TaxTalents: Wieso sind Sie selbst so zügig in den Beruf hinein gegangen? Immerhin haben Sie Ihr Examen mit 25 Jahren gemacht…

StBin Wessendorf: Tatsächlich bin ich einfach ein eher strebsamer Charakter, ich denke, das hat mich motiviert, immer dran zu bleiben. Zudem habe ich viel Unterstützung aus meinem Umfeld erhalten, sei es von der Arbeit, meiner Familie oder meinen Freunden. Ich würde es genauso wieder machen, weil es mir außerdem als Frau auch wichtig ist, erst einmal im Job Fuß zu fassen und die Karriere voranzutreiben, ehe ich möglicherweise eine Familie gründe.

TaxTalents: Wie sieht Ihr Berufsalltag heute aus?

StBin Wessendorf: Teilweise arbeite ich schon mit eigenen Mandaten, die ich umfassend betreue – also buchstäblich von der Fibu bis zur Umstrukturierung. Darüber hinaus unterstütze ich die Steuerberater und Partner der Kanzlei bei der Erstellung von Jahresabschlüssen, der Bearbeitung fachlicher Fragestellungen sowie bei steuerlichen Ausarbeitungen. Manchmal merke ich natürlich, dass mir mit 26 Jahren bei bestimmten Sachverhalten die Berufserfahrung fehlt, einige Arbeitsweisen mir einfach noch nicht geläufig sind. Aber das sehe ich als Chance, mich jeden Tag weiterzuentwickeln – denn man lernt schließlich nie aus.

Neben der klassischen Steuerberatung leite ich als Teamleiterin ein Team von sechs Mitarbeitenden und bin in unserer Kanzlei zudem für die Umsetzung der Digitalisierung mitverantwortlich. Darüber hinaus betreue ich das Marketing, insbesondere im Online-Bereich.

TaxTalents: Wirkt sich Ihre Jugend in irgendeiner Weise auf die Mandatsbetreuung aus? Müssen Sie gelegentlich auch mit Vorbehalten umgehen?

StBin Wessendorf: Einer der beiden Gründungspartner ist mit dem Jahreswechsel aus der Kanzlei ausgestiegen, und ich habe einen Teil seiner Mandanten übernommen. Diese hatte er zum Teil jahrzehntelang betreut, und da war und ist es für manche schon eine extreme Umstellung, nicht mehr mit einem älteren Steuerberater, sondern mit einer jungen Beraterin zusammenzuarbeiten. Aber auch das ist ein Prozess, viele sind sehr offen und gehen diesen Weg gern mit mir. Wichtig ist für mich, dass ich eine sehr gute Stellung innerhalb unserer Kanzlei habe, durchweg wertgeschätzt werde und mit allen gut zusammenarbeite.

TaxTalents: Was planen Sie für die Zukunft?

StBin Wessendorf: Ich bin ehrlich gesagt im Moment ganz happy mit der Situation, wie sie ist. Ich bekomme gute Aufgaben, die mich weiterbringen. Unser Fachgebiet ist ja auch wirklich immens breit, das ist mir bei der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung aufgefallen und wird mir quasi täglich neu bewusst. Selbst wenn Sie nur einen einzigen Mandanten betreuen würden, hätten Sie eine unfassbare Bandbreite von unterschiedlichen Dingen, die Sie in der Beratung brauchen: Fibu, Lohn, Abschluss und inzwischen oft auch noch Beratung rund um die Compliance und so weiter.

Dass es irgendwann vielleicht daher eine gute Idee sein wird, sich zu spezialisieren, glaube ich schon. Allerdings kann ich mich im Moment noch nicht festlegen.

TaxTalents: Bleibt Ihnen überhaupt Zeit für ein Privatleben?

StBin Wessendorf: Als angestellte Steuerberaterin, die ich ja derzeit bin, habe ich mein Stundensoll, das im Regelfall nicht übermäßig überschritten wird. Das ist hier Kultur in der Kanzlei, und insofern habe ich schon noch ein Privatleben, anders als während der Prüfungsphase. Doch auch da habe ich nicht das ganze Leben auf Pause gestellt. Generell sind mir Freunde und Familie sehr wichtig, ich treffe mich viel mit ihnen. Daneben spielt Sport eine große Rolle in meinem Leben, den ich als Ausgleich zu einem stressigen, sitzenden Beruf sehr wichtig finde. Man muss sich immer wieder im Kopf frei machen.

TaxTalents: Gibt es einen Rat, den Sie Absolventinnen oder Berufsneulingen geben können?

StBin Wessendorf: Man sollte sich von Anfang an im Klaren darüber sein, dass wir einen sehr anspruchsvollen Beruf haben, der einen immer wieder fordern wird. Auf der anderen Seite glaube ich, dass wir trotz Digitalisierung und sich verändernden Aufgaben auch einen zukunftssicheren Beruf haben. Wer sich also für Wirtschaft und Zahlen interessiert und gleichzeitig gern mit Menschen zusammenarbeitet, der ist in der Steuerberatung auf jeden Fall richtig.

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